Die Verordnung 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist eine Neufassung und gleichzeitig Aufhebung der Verordnung Nr. 44/2001. Diese tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veroeffentlichung im Amtsblatt der Europaeischen Union in Kraft. Ab dem 10. Januar 2015 ist die neue Verordnung gültig , mit Ausnahme der Artikel 75 und 76 , die ab dem 10. Januar 2014 gelten . Die Verordnung gilt in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union .
Das Hauptaugenmerk der neuen Verordnung liegt auf der Vereinfachung des Verkehrs der Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen innerhalb der Europaeischen Union.
• Einer der wichtigsten Neuerungen der Verordnung ist vor allem die Abschaffung des Vollstreckbarkeitserklaerungsverfahrens (Exequatur), sodass die volstreckbare Entscheidungen nationaler Gerichte in allen Mitgliedstaaten der EU nicht nur anerkannt sondern ab dem 10. Januar 2015 auch vollstreckt werden, ohne dass es ein Vollstreckbarerklärung dafür notwendig ist. Der Gläubiger muss also seinen zivilrechtlichen Titel, den er in einem anderen Mitgliedstaat vollstrecken will, nicht mehr vorher in dem Vollstreckungsstaat für vollstreckbar erklären lassen. Dieser Schritt entfällt künftig für alle Urteile, gerichtlichen Vergleiche und öffentlichen Urkunden die unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen und wird dabei einen enormen Zeit- und Kostenaufwand reduzieren.
• Vorlage der Übersetzung des zu vollstreckenden Titels wird in der Zukunft nicht erforderlich sein jedoch aber ratsam. Notwenig ist lediglich eine Bescheinigung aus der sich die vollstreckungsrelevanten Angaben entnehmen lassen und die im Ursprungsstaat ausgestellt wurde, sowie gegebenenfalls eine Übersetzung dieser.
• Der Schuldner hat die Möglichkeit, dass sowohl die Anerkennung , als auch die Vollstreckung einer Entscheidung durch seinen Antrag in dem Artikel 45 genannten Fällen versagt werden kann:
a) die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public)
des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widersprechen
würde;
b) dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen
hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleich
wertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise
zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei
denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen
Rechtsbehelfeingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte;
20.12.2012 Amtsblatt der Europäischen Union L 351/15 DE
c) die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die
zwischen denselben Parteien im ersuchten Mitgliedstaat er
gangen ist;
d) die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unverein
bar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem
Drittstaat in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs
zwischen denselben Parteien ergangen ist, sofern die frühere
Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre An
erkennung im ersuchten Mitgliedstaat erfüllt“
• Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt ist die Blockade der so genannten “Torpedoklagen”. Mit solch einer Klage kann der Schuldner Zeit gewinnen, in der er bei einem unzuständigen Gericht eine Feststellungsklage erhebt, mit der er das Bestehen seiner Leistungspflichten bestreitet. Solche eine Klage würde bewirken, dass das Zweitgericht so lange warten muss, bis sich das erste Gericht für unzuständig erklärt hat. Bis es also zur solch einer Entscheidung gekommen ist, wird das eigentliche Verfahren blockiert. So ein Prozess kann es leicht einige Jahre in Anspruch nehmen. Nach der neuen Verordnung ist es so, dass wenn die beiden Parteien eine Gerichtsstandvereinbarung getroffen haben, das zuerst angerufene Gericht sein Verfahren solange aussetzen muss, bis auf Grundlage der Gerichtsstandvereinbarung angerufene Gericht erklärt hat, dass es auf Grund der Vereinbarung nicht zuständig ist.